Berliner Wirtschaft 7 + 8 / 2020

In den letzten Monaten wurde Unter- nehmern wie Politikern vor Augen geführt, welche Rolle und Funktion digitale Technologien, Infrastruktu- ren, Daten, Prozesse und Arbeitsme- thoden erfüllen könn(t)en, um zen- trale Tätigkeiten und Routinen auf- rechtzuerhalten. Dieses Momentum gilt es jetzt zu nutzen, umkonstruktiv, lösungs- und dialogorientiert notwen- dige Digitalisierungserfolge für die Hauptstadt nutzbar zumachen. Unter- nehmen haben hier selbst Hausaufga- ben zu erledigen, doch auch die Politik ist gefragt, die passenden Rahmenbedingungen für die digitale Transformation zu gestalten: „Über Digitalisierung zu reden, reicht nicht. Man muss auch handeln. Gerade die Corona-Pandemie hat die diesbezüglichen Mängel in Berlin schonungs- los offengelegt“, sagt IHK-Präsidentin Dr. Beatrice Kramm, die die unzureichende Homeoffice-Fä- higkeit der Berliner Verwaltung genauso kritisiert wie den arlarmierenden Status quo beim digita- len Unterricht. „Immer noch“, so Kramm weiter, „liegt die Glasfaseranbindungsquote in Berlin bei lediglich drei Prozent. Wer Digitalhauptstadt sein will, muss erst groß denken und dann entschie- den umsetzen.“ Politische Führung und Steuerung notwendig Die digitale Transformation ist ein ressortüber- greifendes Berliner Mammutprojekt. Wir alle wis- sen: Ressortübergreifendes Umsetzen ist in Ber- linmit seinen unübersichtlichen Zuständigkeiten ein Problem. Aus Sicht der IHK sollte es deshalb nach den Abgeordnetenhauswahlen 2021 einen Digitalsenator geben. Als „Chief Digital Officer“ mit Managementkompetenz erhält Berlin damit die Führungs- und Identifikationsperson, die das Thema verlangt. Bisher tut Berlin sich immer noch schwer auf seinemWeg zur Gigabit-City Berlin, die Glasfaser- anbindungsquote von drei Prozent legt beredtes Zeugnis dafür ab. Industrie und Dienstleistun- gen der Zukunft brauchen eine flächendeckende gigabitfähige Infrastruktur. Ein Glasfaserinfra- strukturziel schafft dabei Planungssicherheit. Dazu braucht es auch landeseigene Förderinstru- mente, die auf die Ausbauherausforderungen Ber- lins eine Antwort geben. ImHaushalt sind bereits Mittel für den Netzausbau eingestellt, Pläne für ein bürokratiearmes und wirksames Förderin- strumentarium lassen aber auf sichwarten. Hinzu kommt: Bislang dauern Genehmi- gungsverfahren für das Verlegen von Glasfaserkabeln je nach Bezirk zwi- schen drei und 20 Wochen, auf Geh- wegen geht’s auch schon mal schnel- ler. Das ist natürlich kein Zustand. Für Matthias Patz, Vorsitzender des IHK-Fachausschusses Innovation & Technologie, ist klar: „In der Zukunft werden Dialog und Kooperation in Berlin den Takt bestimmen müssen, um den Weg zur Digital- und Inno- vationshauptstadt zu meistern. Eine landespolitische Gigabitstrategie mit einem Glasfaserinfrastrukturziel wird dabei ein wichtiger Schritt zur Verwirklichung der Giga- bit-City Berlin sein. Erfolge sind erreichbar, wenn derWandel als gesamtstädtisches Projekt verstan- den wird.“ Digitale Bildung Grundlage für Fachkräfte Auch im Bereich Bildung hat die Pandemie offenbart, wie dramatisch abgehängt die Ber- liner Schulen beim Thema Digitalisierung sind. Immer noch fehlt vielen Schulen eine leistungs- fähige Anbindung an das Breitbandnetz. So sind von den 44 beruflichen Schulen lediglich fünf an das Glasfasernetz angebunden. Eine Versor- gung aller Funktionsräume mit WLAN ist an kei- ner dieser Schulen vorhanden. Hier muss Berlin Schulen und Schulträger stärker unterstützen, auch wenn es um das Beantragen von Förder- mitteln des Bundes geht. Das gilt imÜbrigen auch für die Beantragung der Mittel aus dem Digitalpakt des Bundes. Weil es an den Schulen an Strukturen und Ressour- cen fehlt, um für Digitalprojekte Geld anzufor- dern, wurde bislang erst ein (!) Prozent der den Berliner Schulen zustehenden Mittel beantragt. Jede digitale Infrastruktur ist aber nur so gut, wie die Lehrkräfte mit digitalen Lern- und Lehran- geboten arbeiten können. Es braucht hochwertige Lehrerfortbildungen, um diesen Anforderungen gerecht zu werden. Der gemeinsame Dialog und die Zusammen- arbeit stehen für zukünftige Erfolge und Weiter- entwicklung im Vordergrund. Ihre Erfahrungen und Handlungsempfehlungen können Unterneh- mer unter dem entsprechenden nebenstehenden Linkmitteilen und so die IHK darin unterstützen, die digitalpolitische Taktik zu verfeinern und das notwendige politische „Umschaltspiel“ in Berlin zu verbessern. ■ IHK-Ansprechpartner aus dem IHK-Bereich Fachkräfte & Innovation: Vanessa Grühser Tel.: 030 / 315 10-459 vanessa.gruehser@berlin. ihk.de Heike Schöning Tel.: 030 / 315 10-331 heike.schoening@berlin. ihk.de Sandra Theede Tel.: 030 / 315 10-829 sandra.theede@berlin. ihk.de Markus Krause IHK-Bereich Mittelstand & Energie Tel.: 030 / 315 10-154 markus.krause@berlin. ihk.de Ihre Erfahrungen und Handlungsempfehlungen ihk-berlin.de/ihreerfah- rungen Twitter-Dialog @IHK_TeamPolitik#fünf- nachzwölf#berlinerdigi- taloffensive#digitalmit- einander Mehr zum Thema ihk-berlin.de/digitalof- fensive ihk-berlin.de/digitali- sierung Unternehmer sind für Digitalsenator Im Pro-&-Contra der Januar-Ausgabe der „Berliner Wirtschaft“ sprachen sich knapp 80 Prozent der Unternehmer für einen Digitalsenator in Berlin aus. Offensiv für Digitali- sierung: Die IHK- Initiative umfasst fünf Handlungsfelder 17 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 07-08 | 2020 AGENDA | Digitaloffensive

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