Berliner Wirtschaft 7 + 8 / 2020

einzubüßen; imGastgewerbe waren es 67 Prozent. Mitte Juni hatte sich die Lage kaum verbessert: Der jeweilige Anteil belief sich nun auf 87 Pro- zent der Reise- und 63 Prozent der Gastgewerbe- unternehmen. Auch Handel- und Dienstleis- tungsbetriebe meldeten erhebliche Umsatzein- bußen. Vor allemder innenstädtische Einzelhan- del mit seiner erheblichen Tourismusgebunden- heit leidet, zumal den gesunkenen Einnahmen nicht selten gestiegene Kosten gegenüberstehen: So berichteten im Juni 85 Prozent der Händler von gesunkenen Umsätzen. Nur 30 Prozent konnten Kosten senken, während neun Prozent gestiegene Kosten verzeichneten. Etwas abgenommen hat immerhin die Insol- venzsorge: Diese beschäftigte im April 29 Pro- zent der Unternehmen, im Juni waren es 22. Indes ist diese ungleich verteilt – während sich in der Industrie nur noch fünf Prozent der Betriebe als insolvenzgefährdet sehen, sind es imGastgewerbe noch 46 und im Reise- und Tourismusgewerbe 48 Prozent. Im Einzelhandel sind es immerhin 15 und im Verkehrssektor sogar 33 Prozent. Die Krise entlässt also zunehmend die klassisch-pro- duzierenden Branchen aus ihrem Griff, auch der Handel atmet freier – doch wo Gewerbe von internationaler Mobilität und der Zusammen- kunft von Massen abhängt, ist die Krise weiter- hin höchst präsent. Die Krise zehrt die Substanz in vielen Unter- nehmen auf. Miet- und Steuerstundungen ent- lasteten temporär, doch angesichts des, je nach Branche, erheblichen oder vollständigen Nach- frageeinbruchs, bedurfte es rasch ausgezahlter Zuschüsse. 63 Prozent der Befragten nahmen oder nehmen diese in Anspruch. Etwa ein Fünf- tel bezieht zudem Kredite einer Förderbank. Ein weiteres wichtiges Instrument ist das Kurzarbei- tergeld, das etwa die Hälfte der Befragten nutzt. Weiterhin unabschätzbar ist vielen Betrieben die Zukunft. Immer weiter verschieben sie den Zeitraum des Corona-Ausnahmezustands nach vorn. Erwarteten im April nur etwa 39 Prozent eine Normalisierung ihrer Geschäfte erst 2021 oder gar später, rechnen nun 52 Prozent mit die- sem Zeithorizont. Die Folgen dieser Verunsiche- rung gewinnen langsam Form: Die Arbeitslosig- keit steigt, und Investitionen werden zurückge- stellt. Zwar dürfte das Kurzarbeitergeld vorerst stabilisierend wirken. Doch sind die Personalpla- nungen angespannt: 33 Prozent wollen entlassen, nur acht Prozent einstellen. (s. auch S. 42) Berlin hat das Konjunkturtal noch nicht verlassen. ■ 61% konstatieren eine gesunkene Nachfrage 58% sind mit Auftragsstor- nierungen konfrontiert 41% ändern ihre Investiti- onspläne für 2020 35% haben ihre Geschäfts- tätigkeit eingestellt 22% sagen, dass ihnen die Insolvenz droht Christian Nestler, IHK-Experte für Konjunktur Tel.: 030 / 315 10-286 christian.nestler@ berlin.ihk.de Grafiken: BW Quelle: IHK Berlin Vierte Corona-Umfrage der IHK Berlin Der Berliner Branchenmix mit den Schwerpunkten Tourismus, Messe, Gastronomie, Kultur ist in dieser Krise besonders anfällig gleichbleibend schlechter besser gut befriedigend schlecht Gesamtwirtschaft Industrie Baugewerbe Einzelhandel Großhandel Verkehr und Lagerei Reisewirtschaft Gastgewerbe Industrielle Gesundheitswirtschaft Dienstleistungsorientierte Gesundheitswirtschaft Personenbezogene Dienstleistungen Unternehmensbezogene Dienstleistungen Aktuelle Geschäftslage Erwartete Geschäftsentwicklung (12 Monate) Gesamtwirtschaft Industrie Baugewerbe Einzelhandel Großhandel Verkehr und Lagerei Reisewirtschaft Gastgewerbe Industrielle Gesundheitswirtschaft Dienstleistungsorientierte Gesundheitswirtschaft Personenbezogene Dienstleistungen Unternehmensbezogene Dienstleistungen 14,3 40,6 13,3 28,6 3,6 9,4 34,1 25,0 28,6 26,4 33,3 33,3 19,4 36,1 35,3 45,2 38,3 36,6 10,6 3,2 7,8 10,5 27,5 62,6 29,8 66,7 57,1 14,3 100 26,7 60,0 28,9 60,5 41,2 51,0 17,0 79,8 22,2 77,8 42,6 46,8 25,0 34,4 40,5 45,2 31,7 31,7 29,8 31,9 54,8 25,8 33,3 33,3 33,3 33,3 29,0 25,8 35,3 29,4 36,9 27,1 20,8 52,8 57,1 14,3 36,9 38,1 34,2 30,7 bleichbleibend schlechter besser gut befriedigend schlecht Gesamtwirtschaft Industrie Baugewerbe Einzelhandel Großhandel Verkehr und Lagerei Reisewirtschaft Gastgewerbe Industrielle Gesundheitswirtschaft Dienstleistungsorientierte Gesundheitswirtschaft Personenbezogene Dienstleist-ungen Unternehmensbezogene Dienstleistungen Aktuelle Geschäftslage Erwartete Geschäftslage Gesamtwirtschaft Industrie Baugewerbe Einzelhandel Großhandel Verkehr und Lagerei Reisewirtschaft Gastgewerbe Industrielle Gesundheitswirtschaft Dienstleistungsorientierte Gesundheitswirtschaft Personenbezogene Dienstleistungen Unternehmensbezogene Dienstleistungen 14,3 40,6 13,3 28,6 3,6 9,4 34,1 25,0 28,6 26,4 33,3 33,3 19,4 36,1 35,3 45,2 38,3 36,6 10,6 3,2 7,8 10,5 27,5 62,6 29,8 66,7 57,1 14,3 100 26,7 60,0 28,9 60,5 41,2 51,0 17,0 79,8 22,2 77,8 42,6 46,8 25,0 34,4 40,5 45,2 31,7 31,7 29,8 31,9 54,8 25,8 33,3 33,3 33,3 33,3 29,0 25,8 35,3 29,4 36,9 27,1 20,8 52,8 57,1 14,3 36,9 38,1 34,2 30,7 So trifft Covid-19 die Unternehmen Allgemeine Auswirkungen der Pandemie: Die Werte bezeichnen den Anteil der Berliner Unternehmen, auf die die Aussagen zutreffen 11 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 07-08 | 2020 AGENDA | Konjunktur

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