Berliner Wirtschaft 6/2019

Das ständige Verändern der einstigen Vorgaben sieht Großmann als ein riesiges Problem: „Wir haben schon Projekte erlebt, da waren die Anfor- derungen der Kunden zum Schluss um 50 Pro- zent anders dimensioniert als zu Beginn – bei unveränderter Kopfzahl des Teams und demsel- ben zeitlichen Rahmen.“ Damit so etwas nicht passiert, empfiehlt er: „Richten Sie einen über- greifenden Steuerkreis ein, in dem Vertreter der Geschäftsführungen beider Seiten sitzen.“ Diese Runde bewertet und entscheidet, ob aufgrund veränderter Anforderungen das Team, das Timing und die Kosten anzupassen sind. Was nötig ist, damit auch die Umsetzung funk- tioniert, weiß JohannesWoithon als Geschäftsfüh- rer der orgavisionGmbH. Sein Software- undBera- tungshaus hat einen Großauftrag für die Kliniken Südostbayern abgewickelt. Die Gruppe wollte das interne Wissen für ihre 3.700 Beschäftigten über alle sechs Standorte sichern. Das Berliner Unter- nehmen baute ein Wissensmanagementsystem auf und schuf eine Kommunikations- und Orga- nisationsplattform. Zwei erfahrene Mitarbeiter von orgavision leiteten das Projekt. „Die mussten für alle nachvollziehbar machen, bis wann wir was in welchen Schritten erreichen wollen.“ Es sei extremwichtig, kommunikationsfähig zu sein und sehr strukturiert zu arbeiten. Karoline Beck, Geschäftsführerin der in.wendt Management GmbH und Mitglied des IHK-Ausschusses Industrie, lenkt den Blick auf ein ebenso wichtiges Thema: „Bei einemUmsatz- wachstum mithilfe eines Großauftrags darf die Liquidität nicht außer Acht gelassen werden. Die Zahlungsströme verlaufen bei der Abwicklung eines Großprojekts völlig anders, als wenn man nebeneinander viele kleine Aufträge abarbeitet.“ Stephan Hoffmann, Bereichsleiter Wirt- schaftsförderung bei der Investitionsbank Berlin (IBB), rät Unternehmen, früh mit der Hausbank zu sprechen. Wenn ein solide wachsender Mit- telständler etwa für einen Großauftrag noch eine Finanzierung benötigt und der Firmenkunden- berater das Projekt mit der Maßgabe begleitet, die Firma müsse ihr Eigenkapital entsprechend stärken und Liquidität zuführen, dann bietet sich dafür aus Hoffmanns Sicht das IBB-Programm „Berlin Kapital“ an: „Dabei stellen wir beispiels- weise von einigen Hunderttausend Euro bis zu kleineren Millionenbeträgen in Form einer stil- len Beteiligung zur Verfügung und erklären den sogenannten Rangrücktritt, wodurch das Geld für eine Laufzeit von bis zu zehn Jahren wirt- schaftlich zu Eigenkapital wird”, so der Bereichs- leiter, der auch im IHK-Ausschuss Industrie engagiert ist. Das verbessert das Rating des Unternehmens und ermöglicht so die eigentliche Finanzierung des Großauftrags über die Hausbank, damit das XXL-Projekt erfolgreich abläuft. ■ 1 Offenheit hilft Bei einer umfangreichen Finanzierung ist es hilfreich, einen guten Kontakt zum Firmenkundenberater der Hausbank aufzubauen. Erhält er immer mal wieder Zahlen und Erläuterungen, kann er die Entwicklung des Betriebs verfolgen. Das schafft Vertrauen. 2 Nicht nur einen Kredit Während des Finanzie- rungsgesprächs im Vorfeld eines Großauftrags ist es ratsam, sich nicht nur auf ein Kreditprodukt zu kon- zentrieren. Oftmals bieten sich mehrere Bausteine an. Dazu können auch IBB-För- derprogramme ein Teil der Gesamtlösung sein. 3 Bürge nutzen Mitunter ist eine Hausbank eher bereit, einen größe- ren Betriebsmittelkredit bereitzustellen, wenn ein weiterer Partner mit dabei ist. Dann kann es sinnvoll sein, die Bürgschaftsbank Berlin-Brandenburg einzu- beziehen, die einen Teil der Summe absichern kann. Karoline Beck Geschäftsführerin in.wendt Bei einem Umsatzwachs- tum mithilfe eines Großauf- trags darf die Liquidität nicht außer Acht gelassen werden. Tobias Rühmann, IHK-Branchenmanager Industrie Tel.: 030 / 315 10 -621 tobias.ruehmann@ berlin.ihk.de Geschickt Vertrauen aufbauen Stephan Hoffmann, Bereichsleiter Wirtschaftsförderung bei der IBB und Mitglied des IHK-Ausschusses Industrie, zu Finanzfragen im Rahmen von Großaufträgen 55 BERLINER WIRTSCHAFT 06 | 2019 SERVICE | XXL-Projekte

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