Berliner Wirtschaft 6/2019

Die Wooga GmbH, gegründet 2009 und heute in der Backfabrik in Prenzlauer Berg ansässig, entwickelt Spiele für soziale Netzwerke. 200 Mitarbeiter aus aller Welt zählt das Digital-Unternehmen. Jens Begemann CEO WOOGA GMBH schaft“. Berlin brauche und wolle Einwanderung sowohl aus humanitärer Verpflichtung als auch aus wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Interessen. Derzeit würden alle dafür notwendi- gen Strukturen und Schritte geprüft. Der Berliner Ausländerbehörde – und dem- nächst dem Landesamt – komme eine Schlüs- selstellung für die Steuerung und Gestaltung der Einwanderung zu. Geisel: „Berlin wächst auch durch den Zuzug von Ausländerinnen und Ausländern. Dabei ist der Zuzug entgegen der öffentlichen Wahrnehmung nicht ausschließlich geprägt von Flüchtlingen, sondern vor allem von Erwerbsmigranten, Studenten und nachziehen- den Familienangehörigen.“ Bei der Willkommenskultur der Ausländer- behörde machen Unternehmen wie Wooga oder Meetra durchaus Defizite aus. Das fängt bei man- gelnden Englischkenntnissen der Mitarbeiter an, geht weiter über ständig wechselnde Ansprech- partner und endet beim Umgang mit den aus- ländischen Fachkräften. Sie würden oftmals wie „Einschleicher und nicht wie gewollte Mitarbei- ter“ behandelt, kritisiert Jana Köhler von Meetra. Mit ihrem Business Immigration Service, einem Zusammenschluss mit IHK Berlin, Berlin Part- ner und Bundesagentur für Arbeit, steuert die Ausländerbehörde bereits gegen und berät Ber- liner Unternehmen, ausländische Investoren und Start-up-Entrepreneure, qualifizierte Fach- und Führungskräfte sowie deren Familien schnell und unkompliziert bei allen aufenthaltsrechtli- chen Fragen. Wooga zeigt aber nicht nur mit demFinger auf andere, sondern macht vor, was geht. Willkom- menskultur spielt fürWooga-Chef Jens Begemann eine wichtige Rolle. Obwohl am Hauptsitz der Firma in einer ehemaligen Backfabrik amPrenz- lauer Berg auch zahlreiche Deutsche arbeiten, hat man sich auf Englisch als Firmensprache geeinigt. Jeden Montag informiert der Chef beim Compa- ny-Stand-up 15 Minuten lang über die wichtigs- ten News – auch eine Chance, sich kennenzuler- nen. BeimmonatlichenMystery-Lunch gehen fünf zufällig ausgewählte Mitarbeiter auf Firmenkos- ten zum Mittagessen. In den New-Starter-Sessi- ons präsentieren CEO und Firmenbereichsleiter neuen Kollegen Strategie und Ziele. Bei Einstei- gernwie MatthewCropley aus Australien kommt der Service gut an. „Wooga hat mich zum Glück unterstützt und mir auch eine Agentur zur Seite gestellt, die dabei half, Aufenthaltsgenehmigung und Arbeitserlaubnis ausgestellt zu bekommen. » beginnt die Odyssee“, weiß die Recruiterin, die als DAAD-Stipendiatin in Bangalore studierte, spä- ter bei VW in Mumbai arbeitete und deshalb das Land gut kennt. Die Nachfrage nach Deutschkur- sen an den Goethe-Instituten sei mittlerweile so groß, dass Interessenten mit langen Wartezeiten rechnen müssten. Langwierige und intranspa- rente Visaprozesse und eine in Deutschland teils regional unterschiedlich geregelte Anerkennung von Berufsabschlüssen machten Bewerbern das Leben extrem schwer. „Zwischen den vielen involvierten Instanzen wie Konsulat, Auslän- derbehörde, Agentur für Arbeit, Einwohnermel- deamt drohen die einwanderungswilligen Fach- kräfte verloren zu gehen“, beobachtet Köhler. Berlin plant Einwanderungsbehörde Gefahr im Verzug erkennen offenbar auch die Berliner Behörden. Als erstes deutsches Bun- desland will Berlin deshalb im Vorgriff auf das geplante Fachkräfteeinwanderungsgesetz eine eigenständige Einwanderungsbehörde grün- den. Die Berliner Ausländerbehörde, bislang eine Abteilung des Landesamtes für Bürger- und Ord- nungsangelegenheiten, soll noch in dieser Legis- laturperiode als Landesamt für Einwanderung agieren. Für Innensenator Andreas Geisel ist „das neue Landesamt ein klares Signal in Richtung Willkommenskultur und Einwanderungsgesell- Zwischen den vielen involvierten Instanzen drohen einwander- ungswillige Fachkräfte verloren zu gehen. 260.000 Fachkräfte aus dem Ausland braucht die deutsche Wirtschaft jährlich – zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Bertelsmann Stiftung. Jana Köhler Meetra FOTOS: CHRISTIAN KIELMANN 23 BERLINER WIRTSCHAFT 06 | 2019 SCHWERPUNKT | Fachkräfte

RkJQdWJsaXNoZXIy MzI1ODA1