Berliner Wirtschaft 6/2019

Wir stehen an einer Zeitenwende. Bis- her galt es die Widerständigkeit des Raumes abzusenken, um Menschen und Waren ungehindert zu transpor- tieren. Dieses Ziel ist übererfüllt. Wir haben zu viele Kraftfahrzeuge in der Stadt mit einem zu hohen Verkehrs- aufwand. Die Lebensqualität leidet, die Prosperität ist gefährdet: Zu viele Autos bedrohen den Umsatz im Ein- zelhandel. Die neue Formel muss den Raum daher qualifizieren mit dem Ziel, die Zahl der Fahrzeuge zu redu- zieren und den Besetzungsgrad zu erhöhen. Eine City-Maut könnte neue Anreize mit hoher Lenkungswirkung erreichen: Große, dreckige und leere Autos zahlenmehr als leise, kleine mit hoher Besetzung. Exklusive Nutzung wird höher bepreist als Fahrzeuge im Sharing-Modus. Einnahmen können zweckgebunden eingesetzt, soziale Lasten gerecht verteilt werden. Eine City-Maut für gewerblich zuge- lassene Kfz – egal ob Pkw, Lkw oder Bus – ist lediglich eine weitere finan- zielle Belastung der Wirtschaft ohne den Ansatz einer tatsächlichen Steu- erungsfunktion für den Wirtschafts- verkehr! Wer zu betrieblichen Zwe- cken mit Kraftfahrzeugen unter- wegs ist, hat triftige Gründe und keine Alternativen, lassen wir mal die Umsteigepotenziale aufs Lasten- fahrrad unberücksichtigt: Die können mengenmäßig vernachlässigt werden und betreffen in erster Linie Gewerbe- treibende mit Binnenverkehren inner- halb einer möglichen Mautzone. Eine City-Maut für gewerblich genutzte Fahrzeuge hat also einen einzigen Effekt: eine weitere Verteuerung der Transportdienstleistung, die im ers- ten Schritt die Dienstleister, im zwei- ten die gewerblichen Auftraggeber und im dritten die Verbraucher belastet. pro Prof. Andreas Knie WZB Wissenschafts- zentrum Berlin für Sozialforschung gGmbH Durch differenzierte Bepreisung können Personen- und Güterverkehr in der Innenstadt viel effizienter und soziale Lasten gerecht verteilt werden. Eine City-Maut würde Transporte nur weiter verteuern und Dienstleister, gewerbliche Auftraggeber sowie letztlich die Verbraucher belasten. Ulrich Schulz Richter und Schulz oHG sowie Vorsitzender der Fuhrgewerbe-Innung Berlin-Brandenburg contra Barometer Trägt eine City-Maut zur Lösung der Berliner Verkehrsprobleme bei? Ihre Meinung ist gefragt! berliner-wirtschaft.de/meinung/citymaut Trägt eine City-Maut zur Lösung der Berliner Verkehrsprobleme bei? Auf Berlins Straßen wird es immer voller. Inzwischen sind 1,2 Mill. Pkw hier zugelassen, Tendenz weiter steigend. Neben der Ausweisung neuer Parkzonen und Tempo-30- Strecken denkt Verkehrsse- natorin Regine Günther auch über eine City-Maut für Berlin nach, um Autofahrer zum Umsteigen zu bewegen FOTOS: DAVID AUSSERHOFER, BERT ELSANOWSKI 13 BERLINER WIRTSCHAFT 06 | 2019 AGENDA | Pro & Contra

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