Berliner Wirtschaft 5/2019

Dies haben nach der Gesetzesbegründung zum Beispiel Kunden- und Lieferantenlisten, Kos- teninformationen, Geschäftsstrategien, Unter- nehmensdaten, Marktanalysen oder Prototypen. Geschäftsgeheimnisse sind außerdem dadurch definiert, dass sie Gegenstand „angemessener Geheimhaltungsmaßnahmen“ sind und dass ein berechtigtes Interesse an ihrer Geheimhal- tung besteht. Geschäftsgeheimnisse neu definiert Die neu eingefügte Schutzvoraussetzung der „angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen“ führt dazu, dass als vertraulich erachtete Infor- mationen des Unternehmens ohne „angemes- sene Geheimhaltungsmaßnahmen“ – zum Bei- spiel vertragliche Geheimhaltungsverpflichtun- gen, „Non-Disclosure Agreements“ (NDAs) oder technische Zugangskontrollen wie Verschlüsse- lung – nicht mehr als Geschäftsgeheimnis gelten. Bei einer vermeintlichen Verletzung durch einen (ehemaligen) Mitarbeiter oder Geschäfts- partner wird ein solcher Nachweis also nur noch dann vor Gericht gelingen, wenn nicht nur – was bislang ausreichend war – die jeweiligen Informationen subjektiv als vertraulich erachtet werden, sondern darüber hinaus der Beweis für angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen erbracht werden kann. Die Beweislast dafür, dass angemessene Geheimhaltungsmaßnah- men getroffen wurden und somit ein Geschäfts- geheimnis vorliegt, liegt beim Unternehmen. Die Unternehmen sind daher gefordert, bereits im Vorfeld ein Schutzkonzept ihrer Geschäfts- geheimnisse aufzubauen. Wird ein Geschäftsgeheimnis rechtswidrig erlangt, genutzt oder offengelegt, hat das Unter- nehmen nun ausdrücklich Ansprüche auf Beseiti- gung und Unterlassung (§ 6 GeschGehG), Vernich- tung, Herausgabe und Rückruf (§ 7 GeschGehG), Auskunft (§ 8 GeschGehG) und Schadensersatz bei vorsätzlicher, aber auch bereits bei fahrlässi- ger Verletzung (§ 10 GeschGehG). Start-ups müssen nun prüfen, ob die Infor- mationen, bei denen ein Geheimhaltungsinte- resse besteht, durch vertragliche Regelungenmit Geschäftspartnern und Arbeitnehmern sowie durch technische und organisatorische Maßnah- men angemessen geschützt sind. Strukturierte Zusammenstellung erforderlich Hierzu sollte strukturiert zusammengestellt wer- den, welche Informationen und Know-how im Unternehmen bestehen und welche konkre- ten Schutzmaßnahmen (NDA, Verschlüsselung, besondere Kennzeichnung) die jeweiligen Infor- mationen erfordern. Ferner sollten ab sofort die mit Geschäfts- partnern, aber auch Mitarbeitern geschlossenen Geheimhaltungsvereinbarungen einen Katalog der wesentlichen geheimen Informationen des konkreten Unternehmens enthalten. Auch wenn die konkrete Nennung der jeweiligen vertrauli- chen Informationen nach demGesetz nicht erfor- derlich ist, ist in der Praxis nur so der Schutz der Geschäftsgeheimnisse im Streitfall ausreichend sichergestellt.  Reverse Engineering ausschließen Vor allem die Abgrenzung zwischen einem Geschäftsgeheimnis und zulässigerweise erworbenen Erfahrungswerten und Kennt- nissen eines Mitarbeiters ist praktisch oftmals kaum machbar. In jedem Fall sollte im Rahmen der vertragli- chen Vereinbarungen mit den Mitarbeitern (wie auch mit den Geschäftspartnern im IT-Bereich) das sogenannte Reverse Engineering ausge- schlossen werden. Ohne eine entsprechende Regelung ist das Reverse Engineering (Beob- achten, Untersuchen, Rückbauen oder Testen eines Produkts oder Gegenstands) nämlich nach Paragraph 3 Abs. 2 Nr. 2 GeschGehG nunmehr (in den Grenzen des UWG und unter Beachtung des geschützten geistigen Eigentums) ausdrück- lich erlaubt. ■ Dr. Christopher Hahn, Wirtschaftsanwalt Der Autor ist spezia- lisiert auf Unterneh- mensbeteiligungen (M&A), insbesondere von Start-ups. Er arbeitet in Berlin und ist Herausgeber der Fachbücher „Finanzie- rung und Besteuerung von Start-up-Unter- nehmen – Praxisbuch für erfolgreiche Gründer“ und „Virtuelle Mitarbeiter- beteiligung“. IHK-Angebote Weitere Infos: ihk-berlin.de/gewerb- liche-schutzrechte Kontakt: Beeke Schmidt Tel. 030 / 315 10-281 beeke.schmidt@ berlin.ihk.de Link zur Website der Gründerszene Die ungekürzte Version des Textes unter: gruenderszene.de 61 BERLINER WIRTSCHAFT 05 | 2019 SERVICE | Gründerszene

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