Berliner Wirtschaft 5/2019
tern lässt sich wirklich Staat machen. Unterschätzt hatte ich, wie lähmend Prozesse in der Verwaltung sein können und wie schwer es ist, da Effizienz hereinzubringen. Was würden Sie am liebsten zuallererst verändern? Ich wünsche mir ein ganz anderes Führungsbild bei Führungskräften. Manch ein Prozess, denwir bekla- gen, entsteht nur dadurch, dass die Menschen sich immer wieder absichern. Wenn heute 18 Schritte notwendig sind, um einen Zebrastreifen in einer Nebenstraße in Tempelhof-Schöneberg anzule- gen, dann nur deshalb, weil die Mitarbeiter auf der Bezirksebene die Absicherung durch die Senatsver- waltung suchen. Das zeigt, dass es ein Führungs- problem gibt, weil die Menschen ihren Verantwor- tungsspielraum nicht nutzen. Aus diesem Absiche- rungsmodus müssen wir raus. Ist Besserung in Sicht? Mein dringlicher Wunsch ist, dass Führungs- kräfte das erkennen und den Rahmen neu span- nen, damit die Menschen das eigenverantwort- lich füllen. Ansonsten ist es natürlich Ziel unseres „Zukunftspaktes Verwaltung“, die Dinge zu verbes- sern. Darin ist verankert, dass wir gesamtstädtische Steuerung nicht nur postulieren, sondern tatsäch- lich auch leben. In diesemMonat wird der Regierende Bürgermeister mit den Bezirken beschließen, was im „Zukunfts- pakt Verwaltung“ steht. Können Sie schon etwas dazu sagen? Im April hatten wir einen Kongress mit allen poli- tischen Verantwortlichen dieser Stadt. Wir konnten 26 Bausteine präsentieren, mit denen wir die Ver- waltung zukunftsfest machen wollen. Es geht unter anderemumStrukturen. Es muss klarer werden, wer in den Bezirken führt. Die Bezirkemüssen gegenüber demSenat in ihrer Umsetzungsaufgabe gestärkt wer- den. Wir sind uns einig darüber, dass wir mit Ziel- vereinbarungen führenwollen. Undwir wissen, dass wir im Personalbereich deutlich zulegen müssen. Wir müssen schneller, innovativer und bunter wer- den, um die wachsende Stadt begleiten zu können. Neue Mitarbeiter suchen auch fast alle Unter- nehmen. Wie wollen Sie in diesem Wettbewerb bestehen? Wir haben eine vergleichsweise gute Ausgangspo- sition. Umfragen zeigen, dass ein Drittel der Schul- abgängerinnen und Schulabgänger sich vorstellen kann, im öffentlichen Dienst zu arbeiten. Wir bieten ihnen Sicherheit und interessante Berufsbilder. Jetzt geht es darum, imWettbewerb mit anderen öffent- lichen Arbeitgebern zu bestehen. Dafür müssen wir noch schneller und attraktiver werden. Ich wünsche mir ein ganz anderes Führungsbild bei Führungs kräften. Frank Nägele Staatssekretär Frank Nägele an seinem Handy: Auch über die Wünsche der Smartphone- Generation gegenüber der Verwaltung macht er sich Gedanken Oben: Foyer („Rotunde“) in der 3. Etage des Roten Rathauses; rechts: Im Büro von Frank Nägele steht ein rotes Klapprad, das er für Wege zu Terminen nutzt SCHWERPUNKT | Interview 30 BERLINER WIRTSCHAFT 05 | 2019
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