Berliner Wirtschaft 5/2019

Die Senatsverwaltung für Wirtschaft wollte mit der Novellierung des Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetzes öffentliche Aufträge wieder attraktiver gestalten. Doch der Entwurf greift zu kurz von Susann Budras Vergabe anders gestalten! D er Infrastrukturfonds SIWANA ist rand- voll. Die Milliarden können jedoch nicht für den Bau von Kitas, Schulen und In- frastrukturprojekte ausgegeben werden, weil die öffentliche Hand oft niemanden findet, der es macht: überkomplexe Dokumentations- und Nachweispflichten, unklare Bewertungs- kriterien, monatelange Vergabeverfahren. Dazu kommt, dass am Ende doch häufig der Preis den Ausschlag gibt: Das billigste Angebot wird ausge- wählt, nicht das wirtschaftlichste. Folge: Drei von vier Unternehmen wollen gar nicht erst mitspie- len – und sie können sich das in Boomzeiten wie diesen eben auch leisten. „Wir wissen aus unseren Unternehmensumfragen, dass sich viele Unter- nehmen gar nicht erst an öffentlichen Vergaben beteiligen, weil es schlichtweg nicht attraktiv ist“, so Jan Eder, Hauptgeschäftsführer der IHK Berlin. Tatsächlich wollte die Senatsverwaltung für Wirtschaft öffentliche Aufträge durch eine Novel- lierung des Berliner Ausschreibungs- und Verga- begesetzes wieder attraktiver machen. Verbände und Kammern wurden zur Stellungnahme gebe- ten. Die Frage ist nun: Ist dieses Ziel mit dem vor- liegenden Entwurf zur Novellierung zu erreichen? Fazit von IHK und Handwerkskammer: Es gibt durchaus positive Ansätze wie zentrale Vergabe- stellen oder eine Aufteilung zwischen Fach- und Teillosen. Aber zu einer wirklichen Modernisie- rung und Verschlankung fehlte der Mut. Punkte wie die Erhöhung des Vergabemindestlohnes und die Einführung von Öffnungsklauseln für auftragsferne Kriterien, etwa Förderpläne, ver- schlimmbessern die Lage sogar noch. „Der Mittel- stand ist das Herz der Berliner Wirtschaft“, so Jan Eder. „Um ihn zu stärken, muss das Vergaberecht Innovationen fördern und Preissteigerungen bei den Unternehmen durch höhere Schwellenwerte nachvollziehen.“ Dass die Novellierung mehr Firmen anlockt, ist zu bezweifeln. Aber noch besteht Gelegenheit gegenzusteuern, weil über einen Entwurf disku- tiert wird. Es gibt also noch ein Handlungsfenster, das der Senat entschieden nutzen sollte. ■ Vergabeverfahren Laut IHK-Konjunkturumfrage beteiligen sich 72 Prozent der Unternehmen nicht an öffentlichen Ausschreibungen Susann Budras IHK-Bereich Mittelstand & Energie susann.budras@ berlin.ihk.de Quelle: IHK Berlin, Konjunkturumfrage Jahresbeginn 2019 Ergebnisse der IHK-Umfrage zur Vergabepolitik in Berlin vom 22. März 2019 72% Nein zu hoher Aufwand unklare Bewertungskriterien zu niedrige Preis- spanne vorgegeben Dauer des Vergabeverfahrens 28% Ja 55 % 20 % 17 % 8 % Umfrage Weitere Informationen: ihk-berlin.de/vergabe- gesetz 17 BERLINER WIRTSCHAFT 05 | 2019 AGENDA | Vergabegesetz

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