Berliner Wirtschaft 4/2020

N ie zuvor wurde die Berliner Wirt- schaft zu einer derartigen Voll- bremsung gezwungen wie in die- sen Tagen: 97 Prozent aller Berliner Unternehmen sind von der Corona-Krise betroffen. Fast alle Betriebe haben Umsatz und Aufträge eingebüßt; bei vielen ist das Geschäft inzwischen völlig zum Erliegen gekommen. Es ist eine Mischung aus öffentlichen Verordnungen, sorgenvoller Nachfragezu- rückhaltung und genereller Ungewissheit, durch die Berlins Unternehmen mit einem nie da gewesenen gleichzeitigen Zusam- menbruch vonNachfrage undAngebot kon- frontiert wurden, dessen Ende noch nicht abzusehen ist: 43 Prozent der Unternehmen rechnen damit, mindestens die Hälfte ihres Umsatzes einzubüßen – auf das ganze Jahr 2020 gerechnet, nicht nur auf ein oder zwei Monate. Noch deutlicherwird das Bild in der Gegenrechnung: Nur drei Prozent der 1.800 befragtenUnternehmen erwarten, Umsätze sicherzustellen oder gar steigern zu können. DurchalleBranchenhat dieKrisebereits eine Schneise der Verwüstung geschlagen, besondersausgedehntistdieseimDienstleis- tungsgewerbe. Im Tourismussektor – eine der Herzkammern der Berliner Wirtschaft – werden 77 Prozent der Betriebe mehr als die Hälfte ihres Umsatzes einbüßen. Im Gastgewerbe rechnen 61 Prozent mit der- artigen Verlusten. Berlins wirtschaftliches Herz droht zu verbluten! Über 30 Prozent der Berliner Händler fürchten, mehr als ein Viertel des Umsatzes einzubüßen –weitere 40 Prozent erwarten, mehr als die Hälfte zu verlieren. Und auch die Industriebe- triebe bleiben nicht verschont. Ein Viertel der Befragten rechnet mit Umsatzeinbußen imhohen zweistelligenBereich, einweiteres Drittel nimmt Verluste zwischen 25 und 50 Prozent an. Der bisher florierende Arbeitsmarkt der Hauptstadt wird sich auf einen Schock einstellen müssen: Mehr als die Hälfte der Unternehmenwill Personal abbauen. Zwar federt die Kurzarbeit, die bereits zwei von drei Betrieben nutzen, den unmittelbaren Schaden ab. Aber da Ungewissheit über den Verlauf und die Dauer der Epidemie herrscht und niemand abzuschätzen ver- mag, wie sichKonsumlaune undKaufkraft in den ersten Post-Corona-Monaten entwi- ckelnwerden, wirdmanches Unternehmen zumMittel der Entlassung gezwungen sein. Damit die Unternehmen die Post-Co- rona-Zeit überhaupt erleben, fordern 77 Prozent der Befragten Zuschüsse, die nicht zurückgezahlt werden müssen. Darlehen allein werden viele Unternehmen in die Überschuldung zwingen, sie werden die kleinen und kleinsten Betriebe, von denen es gut 200.000 in der Stadt gibt, Zahlungs- verpflichtungen aussetzen, die nicht zu bewältigen sind. Die Zahlen stammen aus einer Umfrage der IHK Berlin vom 24./25. März 2020, an der sich etwa 1.300 Unternehmen der Stadt beteiligt haben. ■ VERHEERENDE UMSATZEINBRÜCHE Die Krise hat durch alle Branchen eine Schneise der Verwüstung geschlagen. Viele Unternehmen wollen Personal abbauen, gefordert werden mehr Zuschüsse von Christian Nestler 97% aller Berliner Unternehmen sind von der Corona-Krise betroffen, bei vielen ist das Geschäft zum Erliegen gekommen. 43% der Unternehmen rechnen damit, mindestens die Hälfte ihres Umsatzes einzubüßen – auf das ganze Jahr gerechnet. 13 IHK BERLIN | BERLINER WIRTSCHAFT 04 | 2020 AGENDA | Corona-Krise

RkJQdWJsaXNoZXIy MzI1ODA1