Berliner Wirtschaft 4/2019
39 berliner wirtschaft 04 / 2019 branchen / BBWA uf dem Gelände der Hochschu- le für Technik und Wirtschaft (HTW) in Schöneweide kreuzen sich zwei Straßen, die nach Beh- rens und Ziesel benannt sind. Peter Beh- rens, der Künstler-Architekt, geboren 1868, wurde nach 1933 als „Kulturbolschewist“ von den Nationalsozialisten intellektu- ell ausgebürgert und blieb ohne Aufträge. Die Deutsche Post widmete ihm 2018 eine Briefmarke. Über den 1880 im Rheinland geborenen Ernst Ziesel gibt es nur spärli- che Hinweise auf die Laufbahn. Ziesel war als Meisterschüler bei dem Architekten Franz Schwechten ausgebildet worden. Ab Mitte der Zwanzigerjahre tritt er als Spezialist für Industriebauten auf, für deren ingenieurtechnische Probleme er sich der Mitarbeit von Gerhard Mensch versichert. Die Beispiele seines Schaffens prägen noch heute ihre Umgebung, doch oft im Schatten anderer Bauten. In demvon ihmseit 1924 erbauten Fern- umspannwerk Spandau wurde der Strom aus demKraftwerk Zschornewitz-Golpa in das Stadtnetz von Berlin eingespeist. Die Montagehalle für Großmaschinen von Pe- ter Behrens aus dem Jahr 1911 verlängerte Ziesel 1928 und ergänzte den Giebel an der Voltastraße. Auf demgleichenAEG-Gelän- de errichtete er 1940-1941 an der Gustav- Meyer-Allee ein Büro- und Laborgebäude, das sich der Stilrichtung des umgebenden Ensembles sensibel anpasst. Hinter denWerkstoren der Transforma- torenfabrik Oberschöneweide (TRO) ver- borgen blieben die von Ziesel und Mensch errichteten Kolosse: Sie hatten eine Groß- transformatorenhalle mit einer Höhe von 22 Metern und einer Spannweite von 35 Metern geschaffen sowie die Erweiterung und Erhöhung der fünfschiffigen Pro- duktionshalle des Kabelwerks Oberspree. Das Elektro-Apparate-Werk (EAW) an der Martin-Hoffmann-Straße und das Fabrik- Auf den zweiten Blick Der Architekt Ziesel hat sich zwar nicht mit großen, auffälligen Bauten ein Denkmal gesetzt, war aber für zahlreiche markante Aus- und Umbauten verantwortlich von Prof. Dr. Klaus Dettmer (BBWA) gebäude für Schalt- und Messgeräte an der Elsenstraße liegen heute im Schatten der Treptowers. Ebenfalls nur auf den zweiten Blick sichtbar ist der am U-Bahnhof Os- loer Straße gelegene Neubau des Hydra- werks von 1928, das zur AEG gehörte. Um- so eindrucksvoller thront das Gerätewerk der AEG-Tochter Telefunken auf dem be- nachbarten Grundstück seit 1939 zwischen Schwedenstraße und Tromsöer Straße. Es sollte zur Herstellung von Funkausrüstun- gen für die Wehrmacht dienen. Ziesels heute bekanntester Bau trug den Titel „Haus der Technik“ und diente nach den Umbauplänen des Architekten der Dauerausstellung der AEG an den Fried- richstraßenpassagen. Gemeinsam mit Hanns Pfeffer wurden die bereits vorhan- denen Ausstellungshallen von 1907 für die Produktwerbung umgestaltet. Die Über- reste sind heute als Tacheles bekannt. FOTOS: STIFTUNG DEUTSCHES TECHNIKMUSEUM, DAS LANDESARCHIV BERLIN Der Industrie- architekt Ernst Ziesel war einer der Hausarchi- tekten von AEG Ziesels bekann- tester Bau: das damalige „Haus der Technik“, heu- te das Tacheles A Für Interessierte Die Bestände des Berlin-Branden- burgischen Wirt- schaftsarchivs (BBWA) können eingesehen werden. Kontakt und Informationen: bb-wa.de
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