Berliner Wirtschaft 4/2019

36 berliner wirtschaft 04 / 2019 branchen / Unternehmensporträt Seinen Geburtsort Duderstadt, wo sich der Sitz der Firmenzentrale befindet, bezeichnet er als seinen Heimathafen, Berlin aber, wo er 2009 das Ottobock Science Center amPotsdamer Platz eröffnete, ist zu seinemZuhause geworden. „In Berlin nehmenwir Strömungen auf, nicht zuletzt aus der Gründersze- ne, und verstärken sie mit digital versierten Mitar- beitern“, sagt Mark C. Schneider, Leiter der Haupt- stadtrepräsentanz. Das Ottobock Science Center, bis 2018 Berlin-Repräsentanz und mit rund einer Million Besuchern das technologische Schaufens- ter des MedTech-Unternehmens, soll demnächst fremdvermietet werden. Neuer Standort ist nun das mehr als 23.000 Quadratmeter große Areal der ehemaligen Bötzow-Brauerei in Prenzlauer Berg, das Hans Georg Näder 2010mitsamt den denkmal- geschützten Brauerei-Gebäuden von der Metro AG gekauft hatte und das seitdemnach einemMaster- plan von Stararchitekt Sir David Chipperfield kon- tinuierlich revitalisiert wird. Auf das Areal an der Landsberger Chausseewar der Ottobock-Chef damals zufällig gestoßen. „Hans Georg Näder war von diesem Gelände sofort faszi- niert“, weiß Mark C. Schneider, „er hat einen Plan entwickelt: In diesen alten Steinen soll sich das Un- ternehmen mit der Zukunft beschäftigen.“ Eine Kreativplattform für Digital Natives Bötzow-Eigentümer Näder ließ 2013 das vom Künstlerduo Eva & Adele in pinken Lettern ge- staltete Wort FUTURING auf dem 43 Meter hohen Brauerei-Schornstein anbringen und errichtete zwei Jahre später einen riesigen Zeltbau als Open Innovation Space. Hier experimentierten junge Talente neben Entwickler-Teams von Ottobock in den Co-working-Offices des Fab Lab und tüftelten mithilfe von 3D-Druckern, Laser-Cuttern oder Pla- tinenfräsen an Prothesen-Prototypen und innova- tivenMobilitätshilfen. Umgesetzt wurdenmehr als 15 Forschungs- und Entwicklungsprojekte – drei Millionen Euro investierte Hans Georg Näder per- sönlich in diesen Kick-off, weitere drei Millionen sein Unternehmen, hinzu kamen öffentliche For- schungsgelder in Höhe von elf Millionen Euro. Demnächst wird das Zelt wieder abgebaut, weil die alten Brauerei-Bauten, die aufwendig und denkmalschutzgerecht saniert wurden, weit- gehend fertiggestellt sind. Die Ottobock-Haupt- stadtrepräsentanz ist bereits eingezogen, ebenso wie die Rollstuhl-Entwicklung des Geschäftsbe- reichs Human Mobility und das Family Office der Inhaber-Familie Näder sowie das Start-up Lab- Twin des Göttinger Life-Science-Unternehmens Sartorius, das zudem als neuer Ankermieter auf Bötzowgewonnenwerden konnte. Voraussichtlich imMai wird die Ottobock-Patientenversorgung ein weiteres Haus mit dazugehörigem Park beziehen. Ein historischer Kreis schließt sich Bötzowsei ein lebendes und atmendes Projekt, das sich im Lauf der Jahre teilweise anders entwickelt habe, als es ursprünglich vorgesehen war. So wer- de die Tiefgarage jetzt kleiner, und statt eines Ho- telswerde es eine Neubebauung mit Micro-Living- Apartments geben. „Hans Georg Näder möchte das Areal zu einem richtigen Kiez machen“, so Schnei- der. Auch ein Biergarten soll wieder entstehen. Damit schließt sich ein historischer Kreis. Denn im damaligen Biergarten hatte Anfang Janu- ar 1919, nur ein paar Tage vor seiner Ermordung, Karl Liebknecht seinen Revolutionsausschuss ge- gründet. Auf einemGedenkstein amBötzow-Quar- tier heißt es, er habe „von hier aus die Kämpfe der revolutionären Arbeiter und Soldaten“ geführt. Mark C. Schneider Leiter der Hauptstadtre- präsentanz Ottobock In Berlin neh- men wir Strö- mungen auf, nicht zuletzt aus der Gründersze- ne, und verstär- ken sie mit di- gital versierten Mitarbeitern. Mithilfe technisch ausge- feilter Prothetik verhilft Ottobock weltweit Men- schen mit Handicaps zu mehr Mobilität. In Berlin entsteht derzeit auf dem Gelände der ehemaligen Bötzow-Brauerei (Bild unten) ein Zukunftslabor für Medizintechnik FOTOS:OTTOBOCK, CHRISTOPH NEUMANN, DCA/LABORGH, PRIVAT

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