Berliner Wirtschaft 4/2019

Viele Solarunternehmen sind in Deutschland ganz verschwunden, weil die Konkurrenz aus China zu großwar. Wie bestehen Sie denWettbewerb? Man muss unterscheiden: Den Markt für Photovol- taik-Module hat China fast komplett übernommen. Wir bauen Kollektoren für die Solarthermie. Auch dafür gibt es eine starke chinesische Industrie. Wir konzen- trieren uns auf sehr hochwertige, langlebige Kollekto- ren. Unsere Anlagen haben bei guterWartung eine Le- bensdauer vonweit mehr als 20 Jahren. Billigkollekto- ren schaffen mitunter keine fünf Jahre, verkaufen sich aber in Entwicklungsländern trotzdem sehr gut – ob- wohl es wirtschaftlich und nachhaltig nicht sinnvoll ist. Warum bauen Sie einen weltweiten Vertrieb auf? Ist das nicht auch sehr teuer? Ja, bis etwa 2010 war unser Umsatzanteil in Deutsch- land auch noch sehr viel höher. Bis dahin hatten wir hier eine sehr gute Entwicklung und ein konstantes Wachstum. Dann aber kam die Energiewende ins Sto- cken. Die Akzeptanz für den Ausbau der erneuerba- ren Energien ist mehr und mehr gebröckelt. Zudem haben viele deutsche Heizungshersteller angefangen, selbst Kollektoren für die Solarthermie zu bauen. Die Umsatzverluste mussten wir dann im Ausland aus- gleichen. War das die einzige Maßnahme? Wir haben auch unsere Produktpalette erweitert: von Sonnenkollektoren auf Einfamilienhäusern über den Einsatz von Kollektoren in der industriellen Prozess- wärme bis hin zur Ausstattung von Nah- und Fern- wärmenetzen. Wie starten Sie Ihr Geschäft in einemAuslandsmarkt? Wir suchen uns vor Ort starke Partner. Das können Handelsvertreter sein oder auch Hersteller von Pro- dukten, die gut zu Solarkollektoren passen. Ein Best- Practice-Beispiel ist für uns Tunesien. Dort kooperie- ren wir mit einem Hersteller von Speichern. Wir ha- ben uns an dem Unternehmen auch beteiligt, um die gute Beziehung zu stabilisieren. Diese vertrauensvol- le Partnerschaft funktioniert nun schon seit mehr als zehn Jahren sehr gut – mit dem Erfolg, dass wir mitt- lerweile in Tunesien Marktführer sind. Beteiligen Sie sich häufiger an Ihren Partnern? Ja, in dieser Hinsicht ist Tunesien kein Einzelfall. Für uns sind stabile Partnerschaften extrem wichtig. Der Aufbau neuer Handelsbeziehungen ist sehr teuer und erfordert sehr hohe zeitliche Management-Ressourcen. Deshalb bemühenwir uns sehr stark, die bestehenden Kooperationen zu pflegen und zum Erfolg zu führen. Leiden Sie unter Handelskonflikten und demBrexit? Unsere Handelsbeziehungen mit England sind aktuell eher begrenzt, daher ist der Brexit für uns nicht weiter relevant. Wir haben bereits Erfahrung im Export, so- dass England dann zukünftig als Drittland abgewickelt werden könnte. Auch sonst sind Turbulenzen imWelt- handel für uns nichts Neues. Unser Geschäft ist oh- nehin sehr volatil, weil wir stark von staatlichen För- derprogrammen für erneuerbare Energien profitieren – oder betroffen sind, wenn diese plötzlichwieder ab- gebaut werden. Haben Sie ein Beispiel dafür? Die USAwar 2016 plötzlich unser zweitgrößter Export- markt. Ein Jahr später waren die Umsätze dort bei null, weil das Förderprogrammwieder abgeschafft wurde. In unseremMarkt besteht die Tendenz, dass Regierun- gen eine eigene Industrie aufbauen wollen. Wir ha- ben auch erlebt, dass ein Einfuhrzoll eingeführt wurde, ohne dass dies kommuniziert wurde. Bei der Einfuhr musstenwir plötzlich 18 Prozent zahlen, ohne uns da- Stephan Fintel- mann optimiert permanent die Produktion der KBB. Die verwen- deten Maschinen baut die Firma in eigener Regie 30 berliner wirtschaft 04 / 2019 schwerpunkt / Interview Turbulenzen im Welthandel sind für uns nichts Neues. Unser Geschäft ist ohnehin sehr volatil. Stephan Fintelmann KBB Kollektorbau GmbH

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