Berliner Wirtschaft 3/2019

13 berliner wirtschaft 03 / 2019 agenda / Pro & Contra In der Wirtschaft ist das wertunab- hängige Modell beliebt. Es ist zwei- fellos die einfachste Lösung, denn die Grundstücks- und Gebäudeflächen lassen sich leicht feststellen. Nur wird es nicht akzeptiert, denn damit wür- den Wohnungen in Nobel- und Sze- nevierteln genauso viel zahlen wie die in Großwohnsiedlungen. Bei Betriebs- grundstücken würden flächenintensi- ve Betriebe in Industrie, Bauwirtschaft, Logistik oder Verkehr relativ belastet, während innerstädtische Lagen profi- tieren. Das von der Finanzministerkonfe- renz weiter vereinfachte wertabhän- gige Modell ist ein guter Kompromiss. Es berücksichtigt dieWerte, vermeidet aber zu starke Belastungsverschiebun- gen. Bei den Betriebsgrundstücken ist ein stark vereinfachtes Sachwertver- fahren geplant, das mit acht Angaben auskommen soll. Ganz einfach wird es also nicht. Der Gesetzgeber macht alles falsch, was man nur falsch machen kann: Die Grundsteuer ist eine Realsteuer. Sie fi- nanziert die Leistungen der Gemein- den an ihre Bewohner. Hier ist es irre- levant, ob eineWohnung goldeneWas- serhähne hat oder nicht! Auch sagt die durchschnittliche Netto-Kaltmiete nichts über den Wert einer individu- ell genutzten Wohnung aus. Seit wann können Daten des Statistischen Bun- desamts belastbare Grundlagen eines Steuerbescheides sein? Die Multiplikation von Bodenricht- wert und Fläche, bezogen auf die Ge- bäudeart, führt zu einem Zufallsergeb- nis, das mit dem tatsächlichenWert der Immobilie nichts zu tun hat. Folgerich- tigkeit geht anders! Die Verwaltung wird niemals in- nerhalb von vier Jahren eine bundes- weit funktionierende Steuererklä- rungssoftware zur Verfügung stellen können. Dr. Stefan Bach Steuerexperte beim DIW Berlin und Mitglied im Ausschuss Steuerpolitik der IHK Berlin Markus Deupmann Head of Taxes bei ALBA Group und Vorsitzender des Ausschusses Steuerpolitik der IHK Berlin Die wertbezogene Grundsteuer vermeidet Nachteile für einkommens- schwache Mieter und flächenintensive Betriebe. Die durchschnittliche Netto-Kaltmiete sagt nichts über denWert einer individuell genutzten Wohnung aus. pro contra Barometer Ist das wertabhängige Modell der richtige Weg zur Reform der Grundsteuer? Ihre Meinung ist gefragt! berliner-wirtschaft.de/meinung/grundsteuer Wertabhängiges Modell richtig? Die derzeitige Berechnung der Grundsteuer für Immo- bilien ist verfassungswidrig. Jetzt werden zwei Modelle diskutiert, ein wertabhängi- ges und ein wertunabhän- giges. Anfang Februar hat das BMF Eckpunkte für ei- nen Kompromissvorschlag veröffentlicht. Im Kern bleibt die Frage, ob individuel- le Wertkomponenten des Grundstücks und Gebäudes einfließen sollten? FOTOS: DIW, IHK BERLIN, PA/WOLFRAM STEINBERG

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