Berliner Wirtschaft 2/2020

D ie Steuergesetzgebungsmaschine lief zum Jahresende 2019 auf Hochtouren. Unternehmen sollten daher die Rechts- änderungen – siehe Link in der rech- ten Spalte – im Blick haben, vor allem was die Umsatzsteuer angeht. Dabei zeigt sich das Steuerrecht zu Beginn des neuen Jahres einmal anders, nämlich einfach und erfreulich: Zum 1. Januar 2020 wurde die Klein- unternehmergrenze von 17.500 auf 22.000 Euro Vorjahresumsatz angehoben. Außerdemwird die Umsatzgrenze für die sogenannte Istversteuerung bei der Umsatzsteuer von 500.000 auf 600.000 Euro erhöht. Ausfuhrlieferungen im nicht kom- merziellen Reiseverkehr werden zukünftig erst ab einemRechnungsbetrag über 50 Euro freigestellt. Umsetzung der „VAT quick fixes“ Mit Blick auf die Brüsseler Vorgabe, EU-weit die Umsatzsteuer stärker zu harmonisieren, hat Deutschland die „VAT quick fixes“ mit dem Jah- ressteuergesetz 2019 zum 1. Januar 2020 so umge- setzt: Die Steuerfreiheit innergemeinschaftlicher Lieferungen ist künftig stärker daran geknüpft, dass der Kunde gegenüber seinem Lieferanten eine gültige ausländische UStIdNr. verwendet und der Lieferant den Umsatz in seiner Zusammen- fassenden Meldung (ZM) korrekt und fristgerecht imMIAS-Systemerfasst. Fehler müssen innerhalb eines Monats berichtigt werden. Die Finanzver- waltung fordert für das „Verwenden“ ein positi- ves Tun des Kunden. Da es sich um eine gültige UStIdNr. handeln muss, wird die qualifizierte Bestätigungsanfrage beimBundeszentralamt für Steuern (BZSt) noch wichtiger als bisher. Im Zuge der erstmaligen Regelung des Rei- hengeschäfts in der Mehrwertsteuer-System- richtlinie (Art. 36a Abs. 1 MwStSystRL) werden im deutschen Recht mit dem neuen § 3 Abs. 6a UStG Reihengeschäfte umfänglich normiert. Teilweise werden dabei die Formulierungen des Umsatz- steuer-Anwendungserlasses (UStAE) übernom- men und die bisherige Sichtweise für die Beur- teilung von Reihengeschäften beibehalten. Das gilt auch für die Anknüpfung an die Transport- veranlassung. Zudemkannweiterhin nur für eine Lieferung in der Kette Steuerfreiheit in Anspruch genommen werden. Diese richtet sich weiterhin nach der Zuordnung der Warenbewegung. Der deutsche Gesetzgeber geht bei der Umset- zung über den Rahmen der Europäischen Union hinaus, der lediglich EU-Reihengeschäfte mit Transport durch einen Zwischenhändler regelt, und richtet die Zuordnung der warenbewegten Lieferung nach folgenden Kriterien aus: Wird die Ware durch oder im Auftrag des ersten Lieferers transportiert, so ist seine Lieferung die bewegte Lieferung; übernimmt dies der letzte Abneh- mer in der Kette (Abholfall), ist die Lieferung an ihn bewegt. Bei Transport durch den Zwischen- händler (ein in der Kette stehender Abnehmer, der zugleich Lieferer ist) ist die Warenbewegung grundsätzlich der Lieferung an ihn zuzuordnen. Er hat jedoch weiterhin die Möglichkeit, diese Fiktion zu widerlegen. Die Ausübung des Wahl- rechts ist an die Verwendung seiner UStIdNr. geknüpft und damit klarer als bislang geregelt. Verwendet der Zwischenhändler eine ihm vom Abgangsmitgliedstaat der Ware erteilte UStIdNr., wird dieWarenbewegung seiner Lieferung an sei- nen Kunden zugeordnet. In Drittlandsfällen gilt das Wahlrecht wie folgt: Bei Ausfuhren kann der Zwischenhändler durch Verwendung seine UStIdNr bzw. Steuer- nummer des Abgangsmitgliedstaates die Waren- bewegung auf seine eigene Lieferung an seinen Kunden verlagern. Bei Einfuhren kann die Lie- ferung des Zwischenhändlers zur bewegten Lie- ferung werden, wenn die Ware in dessen Namen oder i. R. d. indirekten Stellvertretung für seine Rechnung zum freien Verkehr eingeführt wird. Nachweise für EU-Lieferungen neu geregelt EU-einheitliche Nachweise bei innergemein- schaftlichen Lieferungen (igL): Art. 45a der EU-Durchführungsverordnung (EU-DVO) wird als § 17a UStDV-neu ins deutsche Recht übernom- men. Gleichzeitig „verschieben“ sich die bishe- rigen Vorschriften über die Nachweisführung bei igL, d. h. § 17a alt wird § 17b neu etc. Mit der „Umsetzung“ des Art. 45a EU-DVO in der UStDV und den Folgeänderungen soll klargestellt wer- den, dass die einheitlichen EU-Nachweise die bis- her in Deutschland geltenden nationalen Nach- weismöglichkeiten nicht verdrängen. Wenn also die engeren Voraussetzungen der wider- legbaren Vermutung des Art. 45a EU-DVO/§ 17a UStDV-neu nicht erfüllt werden, kann der Nach- weis auch weiterhin anhand der „alten“ Belege geführt werden. Erstmals wurde in Art. 17a MwStSystRL eine EU-weite Vereinfachungsregelung bei Warenlie- ferungen über ein Konsignationslager verankert, die in Deutschland mit einem neuen § 6b UStG umgesetzt wird. Mehr Informationen gibt es unter dem Link in der rechten Spalte. ■ FOTOS: GETTY IMAGES/ERHUI1979, FOTOSTUDIO CHARLOTTENBURG/IHK BERLIN Antje Maschke, IHK-Bereich Außenwirtschaft & Recht Tel.: 030 / 315 10-280 antje.maschke@berlin. ihk.de Rechtsänderungen Informationen auf der IHK-Website unter: ihk-berlin.de/rechts- aenderungen Umsatzsteuer Informationen auf der IHK-Website unter: ihk-berlin.de/umsatz- steuer 22000 Euro beträgt seit dem 1. Januar 2020 die Grenze des Vorjahresumsatzes für Kleinunternehmer. Damit wurde die Summe um 4.500 Euro angehoben. 53 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 02 | 2020 SERVICE | Steuerrecht

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