Berliner Wirtschaft 2/2020

Mit einer Demo machten Tausende Taxifahrer im vergangenen April auf ihre Not aufmerksam. Ihre Zukunft hängt von Grundsatzentscheidungen ab, die 2020 auf allen Ebenen gefällt werden von Dr. Lutz Kaden Jahr der Wahrheit für Taxis in Berlin D er Bundestag wird 2020 entscheiden, ob künftig Limousinenservices taxiähnli- chen Verkehr anbieten dürfen, ohne sich an die Taxipflichten zu halten: immer den Taxitarif einzuhalten, die Fahrzeuge regelmäßig zu betreiben, Nachfrager immer zu befördern und ein Fiskaltaxameter zu verwenden. Boto Töpfer, Branchenvertreter in der IHK-Vollversammlung: „Wenn die bisherige Rückkehrpflicht der Limousi- nen wegfällt, wird man Taxis kaum mehr wirt- schaftlich betreiben können. Und das wäre auch das Aus für ein verlässliches Beförderungsange- bot zu festgelegten Tarifen bei gesetzlichemMin- destlohn.“ Schon heute leide man unter Tausen- den kaumkontrollierter Limousinen. „Schlimmer noch: Mit demBerlKönig gräbt der Senat den Taxis ihr umsatzstärkstes Geschäft ab undwill das auch noch ausweiten. Das ist unverantwortlich!“ Uber, demMarktführer bei Limousinen, ver- bietet das Frankfurter Gerichtsurteil vomDezem- ber 2019 die taxiähnliche Vermittlung von Miet- wagen. Rechtskräftig ist das Urteil noch nicht. Und dann der BER: Leszek Nadolski, Vorsit- zender der Taxiinnung, beklagt, dass sich noch immer keine Berliner Taxis anstellen dürfen. „Wird keine Regelung getroffen, müssen Ber- liner Taxis leer zurückfahren und Schönefelder Taxis leer hin. Genau das könnte die A113 zum Überlaufen bringen, scheint aber die Verantwort- lichen nicht zu stören.“ Auch bei Elektromobili- tät fehlt die Unterstützung. „Die Taxiinnung hat zwei E-Taxis bestellt, um sie als Erprobungsan- gebot für ihre Mitglieder bereitzustellen. Nun warten wir schon seit Monaten auf ein Feed- back der Genehmigungsbehörde.“ Richard Leipold, Vorsitzender der Ber- liner Taxivereinigung, zeigt einweiteres Pro- blem auf: „In den letzten vier Jahren ist die Geschwindigkeit amTage um rund zehn Pro- zent gesunken, im Mittel auf unter 20 Stun- denkilometer.“Weil der Tarif aber nur die Fahr- strecke berücksichtige, koste der gleiche Umsatz mehr Zeit, bei wachsendem Mindestlohn. „Da ist es kein Wunder, dass die Zahl Berliner Taxis zurückgeht, wobei vor allem kleine Betriebe zu Hauf schließen müssen. In der gleichen Zeit stieg die Zahl der Berliner Limousinenunternehmen von 1.600 auf 3.400. Wann also wird der Senat auch einen Mietwagendeckel beschließen?“ Dass man diesen Markt auch effektiv regu- lieren kann, zeigt Hamburg. Dort gibt es klare Regeln, deren Einhaltung gewährleistet wird. Berlin muss sich nur ein Beispiel nehmen. ■ FOTOS: GETTY IMAGES/ EMANUEL M SCHWERMER , FOTOSTUDIO CHARLOTTENBURG/HK BERLIN Für Berlins Taxi-Unternehmen stehen dieses Jahr folgenschwere Entscheidungen an ab 30* +364 ab 20 + 149 ab 10 - 76 2-9 - 338 1 - 216 Rückgang der Taxi-Konzessionen von Oktober 2018 bis Oktober 2019: Derzeit gibt es noch 8.101 Konzessionen. Von  dem Minus betroffen sind vor allem kleine Betriebe. -117 Dr. Lutz Kaden, IHK-Experte für Verkehrsfragen Tel.: 030 / 315 10-415 lutz.kaden@ berlin.ihk.de ´16 21,9 Sinkende Geschwindigkeit in den vergangenen vier Jahren. Der gleiche Umsatz kostet die Unternehmen mehr Zeit, Angaben in km/h Grafik: BW Quelle: Leipold/BTV ´17 ´18 21,3 20,6 ´19 19,9 Gesamt * Fahrzeuge je Betrieb Quelle: BTV/LABO AGENDA | Personenbeförderung 18 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 02 | 2020

RkJQdWJsaXNoZXIy MzI1ODA1