Berliner Wirtschaft 2/2019

16 berliner wirtschaft 02 / 2019 agenda / Mittelstandskolumne ie EU-Staaten sind aufgrund einer EU-Richtlinie verpflich- tet, bis Ende 2019 ein Gesetz zur Anzeige von grenzüber- schreitenden Steuergestaltungen zu erlassen, das die Vorgaben der Richtli- nie umsetzt. Der deutsche Gesetzgeber möchte aber über die EU-Vorgaben hi- nausgehen und zugleich eine Anzeige- pflicht für rein nationale Steuergestal- tungen erlassen. Die Voraussetzungen für das Eingreifen der Anzeigepflicht sind in dem Gesetzentwurf sehr weit gefasst, sodass unscharf bleibt, wann welche Gestaltung angezeigt werden muss. Trotzdem drohen bei einem Pflichtverstoß Geldbußen von bis zu 100.000 Euro. Das Gute vorweg: Die Anzeige- pflicht soll nur Unternehmen betreffen, bei denen fortlaufende Betriebsprüfun- gen durchgeführt werden. Kleine Un- ternehmenwerden also nicht behelligt. Unterliegt ein Unternehmen der Größe nach der Anzeigepflicht, kann es sich auch etwas entspannen, weil es grundsätzlich nicht selbst tätig werden muss, sondern sein steuerlicher Bera- ter, was aber bedeutet, dass das Unter- nehmen die Kosten der Anzeige der Steuergestaltung beim Bundeszent- ralamt für Steuern zumindest mittra- gen muss. Das neue Gesetzesvorhaben liegt darin begründet, dass Finanzverwal- tung und Gesetzgeber durch die Anzeigepflicht schneller lega- le, aber von ihnen uner- wünschte Steuergestal- tungen unterbinden wol- len. Bisher haben sie solche Gestaltungs- varianten regelmä- ßig erst bei Betriebs- prüfungen entdeckt. Nunmag man zu die- Auch alte Besen kehren gut Der Gesetzgeber plant eine Anzeigepflicht für nationale Steuergestaltungen – mit neuen Kosten für die Wirtschaft. Dabei gibt es Mittel, die nur effektiv eingesetzt werden müssen sem Ansinnen ganz unterschiedliche Meinungen vertreten. Betrachtet man die Vergangenheit, kommen einem zu- mindest Zweifel an der Notwendigkeit. Cum-Ex, Goldfinger, Double Irish, Double Sandwich und Cash GmbH sind alles sehr unterschiedliche Steu- ergestaltungen, die das Steueraufkom- men in Deutschland um Milliardenbe- träge gemindert haben. Sie haben aber eins gemeinsam: Sie sind nicht ge- heim. Noch Jahre, nachdem sie bei der Finanzverwaltung bekannt geworden waren, ist vonseiten des Gesetzgebers keine Gegenmaßnahme erfolgt. Und auf internationaler Ebene gibt es teil- weise mehrjährige Übergangsfristen für derartige Modelle, sodass weiter- hin Milliardenbeträge am Fiskus vor- beifließen. Bevor der Fiskus dieWirtschaft mit neuen Kosten und Bürokratieaufwand belastet, indem er sehr unscharfe, aber mit erheblichen Sanktionen versehe- ne Pflichten einführt, erscheint es sinn- voller, zunächst die vorhandenen Mit- tel effektiv einzusetzen. Durch die elektronischen Daten, die die Finanzverwaltung über elekt- ronische Steuererklärungen und E-Bi- lanzen erhält, ist sie in der Lage, unge- wöhnlich niedrige Steuerquoten und Änderungen von Steuerquoten schnell zu entdecken und diesen nachzuge- hen. Die Finanzverwaltung muss nicht erst bis zur Betriebsprüfungwarten, sie kann bereits im Rahmen der Veranla- gung Fragen nachgehen und gegebe- nenfalls eine zeitnahe Betriebsprüfung initiieren. Die Unternehmen liefern bereits sehr detaillierte Daten, für die bei ihnen erheblicher Aufwand und Kosten ent- stehen. Diese sollte die Finanzverwal- tung zunächst effektiv nutzen, bevor sie weitere Pflichten einführt. Kompetenzteam Wir sind an Ihrer Meinung interessiert. Kontaktaufnahme unter: ihk-berlin.de/ kompetenzteam D FOTO: IHK BERLN Bernd Schult ist Mitglied des Kompetenzteams Mittelstand der IHK Berlin sowie Partner der Mazars GmbH & Co. KG

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